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Eine App für Arbeitssicherheit und Umweltschutz

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Die Startseite der Handbuch-App

Heute möchte ich ein Projekt aus dem Bereich Mobile Dokumentation vorstellen, das wir mit unserem Kunden Dresdner Kühlanlagenbau GmbH, kurz: DKA, umgesetzt haben. Einen kurzen Vortrag dazu habe ich bereits im „Showcase Mobile Doku“ auf der letzten tekom-Jahrestagung gehalten. Nach einem Jahr im Produktivbetrieb liegt uns nun eine ganze Reihe von positiven Rückmeldungen vor, die unser Credo bestätigen, dass mobile Dokumentation im richtigen Kontext einen deutlichen Mehrwert gegenüber herkömmlichen (Papier-)Dokumenten schafft.

Die DKA installiert und wartet Kühlanlagen und Klimatechnik für Handel, Gewerbe und Industrie. Die mehreren hundert Monteure im Außeneinsatz sind verpflichtet, ein Handbuch mit Betriebsanweisungen dabei zu haben, die den Umgang mit Gefahrstoffen und gefährlichen Situationen regeln. Das Unternehmen ist vielfach zertifiziert, u. a. nach ISO9001 und §6 ChemKlimaschutzV, und wird auch von seinen Kunden regelmäßig evaluiert. Mit dem Handbuch als Loseblattsammlung war es schwierig sicherzustellen oder nachzuweisen, dass alle Monteure immer mit dem aktuellsten Stand von Informationen versorgt sind. Daraus entstand die Idee, das Handbuch in eine Smartphone-App umzusetzen und um einige hilfreiche Funktionen zu ergänzen.

Was die App leistet

Die App soll im Kern zwei Dinge erreichen: Sicherstellen, dass die Mitarbeiter Änderungen in den Betriebsanweisungen zeitnah und nachweisbar erhalten.Und sie motivieren, das Handbuch tatsächlich zu verwenden.

Um auch in Kellern und Tunneln verfügbar zu sein, bringt die App alle wesentlichen Inhalte – das sind v.a. Betriebsanweisungen und ein Gefahrstoffverzeichnis mit Sicherheitsdatenblättern der Hersteller – offline mit. Verteilt und aktualisiert wird sie via Mobile Device Management.

Um unsere eher handwerklich fokussierte Zielgruppe zum Lesen zu motivieren haben wir uns einige Dinge einfallen lassen. Begonnen mit einer ansprechenden Aufmachung, weiter mit schnellen und alternativen Zugangswegen zur Information, deren Formulierungen wir gestrafft und auf Verständlichkeit optimiert haben bis hin zu einer Kommentarfunktion, um den Kollegen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv in den Gestaltungsprozess des Handbuchs mit einzubringen.

Geänderte Anweisungen werden direkt auf der Startseite angezeigt. Im Dokument selbst sind die geänderten Abschnitte farbig hervorgehoben. Zudem erscheint in geänderten Dokumenten ein Button um zu bestätigen, dass man die Änderungen wahrgenommen hat. Nach dem Bestätigen verschwinden Button und Markierungen. Die Bestätigungen aller Mitarbeiter werden auf einem Server gesammelt, wo sie sich für Audits auswerten lassen.

Um einen weiteren Anreiz zu schaffen, regelmäßig in das Handbuch hineinzusehen, haben wir eine Rubrik mit aktuellen Meldungen eingerichtet. Das sind die einzigen Inhalte die direkt vom Server bezogen werden. Sie werden prominent auf der Startseite angezeigt.

Welche Technologien wir verwenden

Das Handbuch ist eine hybride Android-App, d.h. HTML-Seiten verpackt mit Adobe PhoneGap. Das HTML für die Inhalte basiert auf dem responsiven Framework Bootstrap von Twitter, das wir um einige eigene Funktionen erweitert haben. Von den PhoneGap-Features nutzen wir v. a. den lokalen Dateizugriff, um die zugelieferten Sicherheitsdatenblätter-PDFs anzuzeigen, und die lokale Datenbank und die Abfrage des Verbindungsstatus zu Pufferungszwecken. Die Interaktionen mit dem Server erfolgt über Javascript und HTTP.

Ein TYPO3-Server, den wir entsprechend erweitert haben, dient als zentrale Gegenstelle für die Nutzerverwaltung, die aktuellen Meldungen, das Feedback und die Lesebestätigungen.

Für die Redaktion der Inhalte verwenden wir SCHEMA ST4. Dessen Datenmodell mit klassifizierten Knoten, Links und Metadaten nutzen wir, um die Inhalte mit Intelligenz auszustatten.

Intelligenter Content

Neben der Wiederverwendung – in den Betriebsanweisungen werden sehr viele Textbausteine mehrfach eingesetzt und dem Single Source Publishing – neben einer Desktop-Ausgabe fürs Intranet gibt es von der App auch eine PDF-Druckversion, nutzen wir die Features unseres Redaktionssystems v. a. dazu, um ein möglichst smartes Endprodukt zu erzeugen. Im Folgenden will ich ein paar Beispiele zeigen:

Aufklappbereiche strukturieren die einzelnen Betriebsanweisungen. Zu diesem Zweck haben wir die Betriebsanweisungen in einzelne Objekte (in ST4: „Fragmente“) zerlegt, die über ein Metadatum als Aufklappbereiche markiert sind. Im HTML werden diese Bausteine zu Bootstrap-Panels mit klickbarer Kopfzeile und versteckbarem Body. Der Aufwand für dieses Feature besteht hauptsächlich darin, redaktionell ein Metadatum zu setzen und in der Generierung dafür zu sorgen, dass das Fragment mit Metadatum in ein DIV der Klasse „panel“ umgesetzt wird.

Ein anderes Metadatum steuert, welche Sicherheitssymbole zu Beginn eines Seitenbereichs ausgegeben werden. Das Erfassen über eine Mehrfachauswahl ist leichter und flexibler als das direkte Zuordnen von Bildreferenzen.

Die Einteilung des Inhalts in Bausteine ist auch Voraussetzung dafür, dass einzelne Abschnitte ihr Überarbeitungsdatum kennen und in der App als geändert markiert werden können. Auch hier wird ein Metadatum aus dem Redaktionssystem, diesmal als HTML-Attribut „data-lastchanged“,ins Endprodukt übertragen.

Eine wesentliche Verbesserung der Bedienbarkeit am Smartphone erreichen wir durch die einfache Maßnahme, dass Links als Buttons dargestellt werden. Insbesondere die Notrufnummer, die im Bereich Erste Hilfe immer wieder im Text erscheint, wird als roter Button mit Telefonsymbol umgesetzt – der natürlich bei Betätigung sofort den Notruf auslöst.

Gefahrstoffverzeichnis

Type Ahead: Das Gefahrstoffverzeichnis verkürzt sich während des Tippens

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Alles zum Gefahrstoff auf einen Blick

Die umfassendste Veränderung haben wir der Gefahrstofftabelle angedeihen lassen. Die ist im Original eine Tabelle mit einem Dutzend Spalten und einigen hundert Zeilen, die sich im Querformat über mehrere DIN-A4-Seiten verteilt. Gefolgt wird sie im Original von einer Reihe von Legenden, da in der Gefahrstofftabelle nur Platz ist für die ISO-Kürzel der verwendeten Gefahrensymbole und Hazard- bzw. Precautionary Statements. Diese Tabelle und ihre Legenden haben wir in einzelne Objekte und Querbeziehungen zwischen ihnen aufgelöst. Das erlaubt uns, mit einer Type Ahead-Auswahlliste in der App einen schnellen Zugang zu den Gefahrstoffen zu legen und jeden Gefahrstoff als eigene übersichtlich gelayoutete HTL-Seite zu erzeugen. Im PDF generieren wir wieder die Tabelle im Querformat.

Mit diesen Beispielen möchte ich zeigen, dass intelligente Information schon mit kleinen Eingriffen in den Redaktionsprozess erreicht werden kann. Die Liste ist nicht vollständig, aber sie soll auch nur ein Gefühl dafür geben, dass es mit überschaubarem Aufwand und ohne das Budget eines Großkonzerns möglich ist, dem Medium mobile Dokumentation einen spürbaren Mehrwert zu verleihen.

Projektergebnisse

Nach einem Jahr Produktivbetrieb sehen wir alle Projektziele erreicht. Die Aktualität nach Rechts- und Sachstand ist deutlich verbessert. Reaktionszeiten sind verkürzt, Lesbarkeit und Zugänglichkeit erhöht, und nebenbei wurden die Verteilkosten gesenkt. Die Nachweisbarkeit ist erreicht, was bereits beeindruckte Rückmeldungen von Auditoren und Großkunden zur Folge hatte. Die App kommt bei der Zielgruppe ebenso gut an wie bei führenden Mitarbeitern und hat im Unternehmen einen hohen Stellenwert, sodass Erweiterungen und weitere ähnliche Anwendungen diskutiert werden.

Wir als doctima (das „wir“ bisher in diesem Beitrag bezog sich immer auf das Projektteam bei uns und bei DKA) haben aus diesem Projekt viel gelernt, insbesondere, was das Zusammenspiel von Redaktionssystem und intelligentem mobilem Informationsprodukt angeht. Im Augenblick entsteht eine Masterarbeit auf der Grundlage unserer Erkenntnisse.

Auf der kommenden tekom-Tagung haben wir außerdem eine Demo-App im Gepäck, mit der Sie sehen können, wie die hier erarbeiteten Konzepte in der Praxis aussehen. Falls Sie noch keine Karten zur tekom Messe haben – kein Problem: Hier anmelden und Sie erhalten gratis von doctima Ihren persönlichen Aktions-Code für eine Freikarte. Und übrigens: Besucher unseres Messestands erhalten einen kostenlosen 3D-gedruckten „Textbaustein“.


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